Pieps und
Winzig machen eine Reise
Es war einmal,
in einer Zeit vor dieser Zeit, als Träume noch Wünsche und Wünsche noch
Träume brachten, da lebten am Rande des Eichen-Buchen-Nußbaumwaldes eine
Mausfamilie: Das waren
Mama
Maus und Papa Maus und die beiden
Mauskinder
Pieps und Winzig. Pieps war eine
Mausmädchen
und Winzig war ein Mausjunge.
Pieps war die Ältere und wenn sie zu ihrem Bruder sagte, du bist ja noch
so winzig, dann wurde Winzig fuchsteufelswild und rannte laut fiepend
hinter Pieps her.
Seit ein paar Wochen war der Frühling ins
Land gekommen, überall blühten die ersten Blumen, frisches grünes Gras
spross aus dem Boden und nach dem langen kalten Winter gab es für die Mauskinder
so manche Leckerei: Frischen Löwenzahnsalat oder junge
Brennnesselblättchen und natürlich auch die ersten grünen
Grashalmspitzen und bald auch die ersten Samenkörner.
Eines Abends, als
die Mausfamilie vor dem Mauseloch saß, um die letzten Sonnenstrahlen zu
genießen sagte Mama Maus zu ihren Kindern: „Wir haben euch doch
versprochen, dass ihr in bald Oma Maus und Opa Maus besuchen könnt.“
„Oma Maus und Opa Maus, die am Bach wohnen?“
fragte Pieps. „Au ja!“ rief Winzig aufgeregt, Opa Maus
machte
immer so leckere Körner Plätzchen und Oma Maus kannte so viele
aufregende Orte
am Bach, wo es immer etwas Neues zu entdecken gab. Und dann waren da ja
auch noch die anderen Mauskinder, die am Ufer des Baches wohnten und mit
denen man so toll spielen konnte. Und vielleicht würden sie ja auch den
Wiesenbär treffen, mit seinem leuchtend gelben Ball. Die beiden
Mauskinder waren begeistert.
„So!“ rief Papa Maus, „nun aber schnell ins
Mäusenest, die Sonne ist schon untergegangen und wer weiß ob der Uhu
nicht schon seine Runden dreht.
„Der Uhu, der Uhu, das ist ein alter Schuhu!“
riefen die beiden Mauskinder ausgelassen,denn sie hatten noch nie einen
echten Uhu gesehen. Zum Glück, kann ich da nur sagen, denn der Uhu ist
der größte Feind der Mäuse, na ja, und dann noch die Katze, und der
Storch, ach ja, dann ist da ja auch noch die Schlange – also genau
genommen gab es viele Feinde, vor denen sich die Mausfamilie in Acht
nehmen musste.
„Gute Nacht!“ riefen die beiden noch immer
ganz aufgeregt, und dann verschwanden sie mauseschwanzflink im
Mauseloch. Doch ehe sie sich in ihr weiches Heubettchen kuschelten,
putzten sie sich noch schnell mit einer Petersilienwurzel die Zähne und
dann rollten sie sie sich gemeinsam in ihrem Bett zusammen. Pieps konnte
es nicht lassen, Winzig nochmal kurz mit
ihrem
kleinen Mausschwanz an die Nase zu stupsen.
„Mama“, protestierte
Winzig lauthals, „Pieps ärgert mich schon wieder!“ „Gar nicht“ rief
Pieps, „das war nur aus Versehen“. Die Mausmama
kam noch einmal zum Bett ihrer beiden Kinder „Nun gebt mal Ruhe, ihr
Beiden, ich merke schon, ihr seid ja ganz doll aufgeregt“. „Nö,
überhaupt nicht“, antworteten die beiden gemeinsam im Chor und kicherten
dabei. Die Mama gab jedem noch einen Gute-Nacht-Kuss und als sie gerade
an der Tür der
Schlafhöhle war, drehte sie sich noch
einmal um und sagte: „Ach ja, ich packe jetzt Eure Rucksäcke, überlegt
ihr Euch doch mal, was ihr noch unbedingt auf die Reise mitnehmen
wollt.“ Die beiden Mauskinder
tuschelten und flüsterten noch eine Weile und dann waren sie aber auch
schon eingeschlafen.
Am nächsten Morgen,
der alte Hahn hatte gerade in der Ferne gekräht, da waren Pieps und
Winzig auch schon wie der Blitz aus ihrem Bettchen gesprungen und
sausten aufgeregt durch den Bau. „Maaama!“ schrie Winzig, „wo ist denn
mein großer roter Ball?“ „Paapa! Hast du schon meinen Roller repariert?
Den muss ich unbedingt mitnehmen!“ rief Pieps und hüpfte hin un her.
„Nun mal langsam, ihr beiden aufgeregten
wilden Mauskinder,“
brummelte Papa Maus,
der noch gar nicht richtig ausgeschlafen hatte, „jetzt decken wir erst
einmal gemeinsam den Frühstückstisch und dann können wir alles in Ruhe
besprechen“.
Schließlich saßen sie alle am Frühstückstische vor dem Mauseloch, die
Morgensonne schickte ihre Strahlen in die Sandkuhle und die Hummeln und
Bienen gaben ein brummendes Frühkonzert.
„Also“, der
Mauspapa
machte ein wichtiges Gesicht und dabei zitterten ein paar Haare seines
Mäusebartes, das taten sie immer, wenn
er
aufgeregt war. „Also, die Sache ist so, heute Vormittag werden Hops Eins
und Hops Zwei mit dem Wagen kommen und euch hinunter zum Bach fahren.
Natürlich kennt ihr den Weg auch alleine, doch wer weiß, ob der dicke
Kater Kasimir unterwegs ist Da ist
es
auf jeden Fall besser, wenn Hops und Hops euch begleiten.“
Die Kinder waren begeistert. Hops und Hops
waren zwei Grashüpfer, die immer zu einem Spaß aufgelegt waren und weil
sie sich so ähnlich waren, wurden sie immer nur Hops und Hops – oder
Hops Eins und Hops Zwei genannt. Die beiden hatten aus Grashalmen und
Stöckchen einen kleinen
Karren gebaut, den sie durch die Gegend
zogen
und in dem auch kleine Mauskinder mitfahren konnten. Es war immer ein
ziemliches Abenteuer mit Hops und Hops unterwegs zu sein. Manchmal
machten sie vor lauter Übermut einen solchen Satz, dasss der kleine
Wagen in einem hohen Bogen durch die Luft flog. Oder ein anderes Mal saß
Hops Eins noch am Wegrand und blinzelte in die Sonne, während Hops Zwei
schon los hüpfte. Dann konnte es auch schon einmal passieren, dass die
kleine Kutsche umkippte und alle im Gras herum kullerten.
„Wir fahren mit
Hops, wir fahren mit Hops!“ rief Pieps voller Aufregung. „Ich sitze
vorne!“ Winzig hüpfte vor Aufregung von einem Bein auf das andere. „Nein
ich!“ schrie Pieps, „ich muss Hops und Hops den Weg zeigen“.
„Den finden die
beiden schon alleine“, beruhigte die Mama die beiden aufgeregten
Mauskinder. Ich schlage vor, dass ihr euch beide abwechselt, zuerst
sitzt Winzig vorne, weil er der Jüngste ist und bei der alten Eiche
wechselt ihr, dann kann Pieps vorne sitzen,“ entschied der Mauspapa.
„Was ist denn
nun mit meinem Roller?“ fragte Pieps seinen Papa, „Hast du ihn schon
repariert?“ „Und was ist mit meinem großen roten Ball?“ wollte Winzig
wissen. „Aber
Kinder“, die Mausmama lachte, „ihr wisst doch wie groß, ich meine wie
klein der Wagen von Hops und Hops ist. Da passt ihr doch gerade hinein
mit euren beiden Rucksäcken.“ Winzig schaute zu Pieps und Pieps schaute
zu Winzig. Was nun, was könnten sie denn jetzt mitnehmen, was ganz
besonders wichtig war?
„Ich weiß, was ich mitnehme, die schöne
weiche weiße Feder, die ich gestern gefunden habe“, rief Pieps. „Und ich
nehme mein buntes Schnuffeltuch mit“, entschied Winzig. „Prima! So geht
es“ rief der Mauspapa. Inzwischen waren Pieps und Winzig schon
losgesaust, um ihre Sachen zu holen. Als sie wieder zurück waren, da
standen auch schon Hops un Hops vor dem Mauseloch und plauderten
vergnügt mit Mama Maus und Papa Maus.
„Na dann mal herbei mit euch zwei beiden. Wo
soll denn die Fahrt hin gehen?“ fragte Hops Eins, „nach Amerika?“ fragte
Hops Eins, „Oder auf den Mond?“ lachte Hops Zwei. „Ich will nicht auf
den Mond“ fiepte Winzig aufgeregt. „Die machen doch nur Quatsch,“
beruhigte Pieps ihren kleine Bruder, „wir fahren zu Oma Maus und Opa
Maus, die am Bach wohnen.“ „Na dann mal los“ sagte Hops Eins oder war es
Hops Zwei, „bitte einsteigen, die Herrschaften!“ Vergnügt kletterten die
beiden Mauskinder in den Wagen „Ich darf als erster vorne sitzen“
verkündete Winzig ganz stolz „Aber an der alten Eiche wechseln wir,“
fügte Pieps hinzu. „Geht in Ordnung“, sagte Hops Eins, „wird gemacht“
bestätigte Hops Zwei. „Die Feder liegt oben in deine Rücksack,“ sagte
Mama Maus und reichte Pieps ihren Rucksack. „Und hier ist Dein
Rucksack“, sagte sie
zu Winzig, „da ist auch dein Schnuffeltuch drin.
Inzwischen sprach
Papa Maus zu Hops Eins: „Und du bist sicher, dass der Kater Kasimir
jetzt schläft.“ „Wir sind ganz sicher,“ bestätigte Hops Zwei, „um diese
Zeit hat er immer gerade sein zweites Frühstück bekommen – und dann
schläft er. „Wir wollen es hoffen“ Papa Maus machte ein ziemlich
sorgenvolles Gesicht.
„So, jetzt aber los, wir kommen ja sonst nie
an,“ drängelte Hops Eins oder war es Hops Zwei? Schnell drückten Mama
Maus und Papa Maus ihren beiden Kinder einen Abschiedskuss auf die rosa
Nasen, dann legten sich Hops Eins und Hops Zwei auch schon mächtig ins
Zeug und los ging die Reise. „Und haltet Euch auch gut fest!“ rief Mama
Maus noch, doch da war der Wagen schon hinter einem Grasbüschel
verschwunden. Nachdem sie eine Weile durch das Gras gerumpelt waren,
wurde der Himmel über ihren Köpfen ganz dunkel. Die beiden Mauskinder
duckten sich ängstlich in dem Karren. „Was ist denn das?“ fragte Pieps
mit zitternder Stimme.
„Nur keine Angst!“ ich bin es nur ertönte von
oben eine Stimme. „Hallo Walter!“ rief Hops Eins vergnügt. „Genau
richtig erkannt, ich bin‘s, Walter, der Falter, schaut doch mal nach
oben.“ Pieps und Winzig blinzelten nach oben und tatsächlich, über ihren
Köpfen gaukelte ein wunderschöner gelber Schmetterling. „Wo wollt ihr
denn hin?“ fragte Walter neugierig. „Wir machen einen Besuch bei Oma
Maus und Opa Maus am Bach,
riefen Pieps und Winzig fast gleichzeitig. „Tatsächlich“, fragte Walter,
„zwei so kleine Mauskinder schon ganz alleine unterwegs, auf so einer
weiten Reise“. „Ja, ganz alleine,“ verkündete Winzig stolz. „Dann passt
aber gut auf, dass euch der dicke Kater Kasimir nicht über den Weg
läuft,“ verkündete Walter mit warnender Stimme und flatterte davon.
Jetzt schien die Sonne wieder hell und
strahlend über ihnen und Hops und Hops begannen ein fröhliches Lied zu
zirpen: Wir reisen durch die bunte Welt
zu einem Platz der uns gefällt
Wir fahren durch das grüne Gras
die Sonne scheint, das macht viel Spaß
alle Kinder sind dabei
und singen nochmal: Eins, Zwei, Drei --
Sie waren gerade
wieder ein Stück gefahren, da blieben Hops und Hops plötzlich ruckartig
stehen. Pieps und Winzig purzelten in dem kleinen Karren durcheinander
und gerade wollte Pieps laut protestieren, da wedelte Hops Eins
aufgeregt mit seinen Fühlern und gab ihnen ein Zeichen: „Pssst, ganz
leise, da vorne liegt der Kater Kasimir.“ Ein furchtbaren Schreck
durchzuckte Pieps und Winzig. Winzig klammerte sich an seine Schwester
und dabei knickte er ihren Schwanz um. „Autsch, pass doch auf!“
schimpfte sie und versuchte ganz leise zu schimpfen. Hops Eins kam
herbei gesprungen „Werdet ihr wohl leise sein! Los, schnell raus aus dem
Wagen, versteckt euch schnell hinter dem Stein“ und er drängte die
beiden Mauskinder aus dem Wagen und schob sie hinüber zu einem Stein,
der am Wegrand lag. „Aber mein Schnuffeltuch“, jammerte Winzig. „Das
bekommst du ja nachher, jetzt aber erst einmal Ruhe.“
Die beiden
Mauskinder kauerten jetzt regungslos hinter dem Stein und zitterten vor
Angst. Kasimir, hatte wohl etwas bemerkt, er blinzelte in die Sonne,
dann richtete er sich träge auf und schaute sich um. Hops Eins hockte
dicht bei den beiden Mauskindern und flüsterte ihnen zu, dass sie ganz
still sitzen sollten. Durch das hohe Gras konnten sie jetzt sehen, wie
Hops Zwei herbei gesprungen kam und sich auf den Schwanz
vom Kater
Kasimir setzte. Blitzschnell drehte der sich herum, um zu schauen, wer
sich da an seinem Schwanz zu schaffen macht. Hops Zwei machte einen
riesengroßen Satz und verschwand zwischen den grünen Grashalmen. „Miau,
miau!“ beschwerte sich Kasimir lautstark. Dabei sprang er aufgeregt hin
und her, so dass die Witwe Haberland aufmerksam wurde und rief: „Komm,
komm. Mein kleines Kätzchen, hier gibt es ein zweites Frühstück und
leckere
Milch für dich!“ Das fand Kasimir natürlich wunderbar und gleich darauf
war er mit ein paar Sätzen im Haus verschwunden.
„Sind wir jetzt
gerettet?“ fragte Winzig mit zitternder Stimme. Pieps wagte sich ein
Stück nach vorne, blickte in die Runde und verkündete fröhlich: „Er ist
weg! Wir können weiterreisen!“ „Na dann mal los!“ rief Hops Eins und
half den Mauskindern in den Wagen. Inzwischen war auch Hops Zwei wieder
aufgetaucht und gemeinsam setzten sie die Reise zu
Bachufer
fort. Kurze
Zeit später hörten sie den Bach plätschern und hatten dann auch die
kleine Sandkuhle erreicht, in der sich die Wohnung ihrer Großeltern
befand. Da sahen sie auch schon Oma Maus und Opa Maus winkend am
Gartenzaun stehen.Pieps und Winzig sprangen aus dem Wagen und rannten so
schnell sie konnten zu ihnen hinüber. Jetzt konnte
ein schöner
Urlaub beginnen.
Top
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